Dienstag, 28. August 2012

0-6 Monate, Teil I

Ich habe diesen Blog bereits vor der Geburt meines Kindes geplant, jedoch bin ich in Verlaufe der ersten sechs Monate nicht zum posten gekommen. Da ich jedoch das Vorhaben stets im Hinterkopf hatte, habe ich mich während dieser Zeit darauf konzentriert mir erwähnenswerte Vorfälle zu merken.

Da wir das Geschlecht des Kindes ja nicht durch pränatale Sonographie erfahren wollten, wurden wir bei der Geburt mit dem klassischen Satz konfrontiert: "Es ist ein Mädchen." Diese Diagnose kam sehr schnell unmittelbar nach dem das Kind herausoperiert war. (Wegen eines Beckenquerstandes war ein Kaiserschnitt notwendig geworden.)

Der erste Schritt zum Geschlecht ist der Vorname. Wir waren insgeheim erleichtert, dass unser Kind ein Mädchen geworden war, denn da sie drei Wochen vor dem errechneten Termin kam, waren wir durchaus mit der Namenswahl noch nicht fertig. Der Mädchenname stand bereits seit Jahren fest, doch auf einen Jungennamen hatten wir uns noch nicht einigen können. Aber es wurde selbstverständlich vorausgesetzt, dass wir einen Namen parat haben. Der Vorname wurde uns unmittelbar nach der U1 von der Hebamme abverlangt. Er muss ins System eingegeben werden. Mein Mann schrieb den Namen auf ein rosafarbenes Bändchen, dass dem Baby ans Handgelenk gebunden wurde. Weiterhin wurde der Vor- und Nachname, das Geburtsdatum mit Zeitangabe und Geburtsgröße und -gewicht auf einem kleinen Pappschild in Teddybärenform notiert, das an ihrem Stubenwagen mit einem rosafarbenen Band befestigt wurde. Auf die Art befindet sich ein Zeichen für das Geschlecht des Kindes direkt am Bett und ist auf den ersten Blick sichtbar für alle, die um das Pappbärchen wissen. Das Armbändchen steckt in aller Regel unter dem Ärmel und ist damit nicht sofort sichtbar. Aber so wird sichergestellt, dass keine Kinder verwechselt werden.

In der Folge fiel mir in der Klinik nicht auf, dass durch das Personal auf das Geschlecht ein besonderer Bezug genommen wurde. Im Gegenteil sprach man häufig von "Ihrem Kind".

Meine Schwiegermutter hatte während der Schwangerschaft in einer relativ bemerkenswerten Situation geträumt, dass ich Drillinge gebären würde, drei Jungen. Die Überzeugung, dass wir einen Jungen bekommen würden, wurde im näheren Umfeld recht häufig vertreten und durch diesen Traum weiter zementiert. Nun war es doch ein Mädchen. Ich selbst hatte mich in der Schwangerschaft sehr darauf konzentriert mich auf kein Geschlecht irgendwie einzustellen und völlig offen zu bleiben, hatte jedoch mein Umfeld manchmal dazu motiviert über das Geschlecht des Kindes Spekulationen anzustellen.

  • Die Familie meines Mannes glaubte eher an einen Jungen, weil Jungen jetzt "dran sind". Etwa nach der Logik, dass Mädchen jetzt ausverkauft sind, oder so. Die vorigen Enkelkinder waren Mädchen geworden.
  • Meine Schwester tendierte ebenfalls zum Glauben, dass es ein Junge ist aus einem eher unspezifischen Gefühl heraus.
  • Kollegen glaubten, es werde ein Junge, weil man das an meinem Verhalten merken könne: Mit Jungen Schwangere seien entspannter, als mit Mädchen Schwangere. Und ich käme extrem entspannt rüber. Dafür, dass ich mich selbst als einen Menschen empfinde, der sich recht viele Sorgen macht, wirke ich auf andere häufig ziemlich entspannt.
  • Mein Mann glaubte es werde ein Mädchen, weil in einem Schwangerschaftsbuch stand, dass Frauen die wenig Hunger verspüren und karg bis gar nicht frühstücken zu 25 % häufiger Mädchen gebären, als Frauen mit gutem Appetit und üppigem Frühstück. Ich bin ein echter Frühstücksmuffel und allgemein kein guter Esser. Ich mache jedoch nie Diäten und esse grundsätzlich keine kalorienreduzierten Produkte. Ich muss zu dieser Statistik sagen, dass dies schon eine recht seltsame Auswertung des Datenmaterials ist. Wie kommt man auf die Idee nach solchen Kriterien auszuwerten? Es liegt aber eventuell nicht so fern, dass sich die verfügbare Nahrungsmenge auf das Geschlecht auswirkt, ich glaube es gibt quantitative Auswertungen dazu, die ich mal recherchieren müsste. 
In den folgenden Monaten bekamen wir eine Reihe von Kleidungsstücken geschenk, die in aller Regel eindeutige Anzeichen dafür trugen, dass sie für Mädchen gedacht sind. Oft waren es Kleidchen, sie waren rosa oder rot, hatten Rüschen. Meine Mutter hatte vor der Geburt neutrale Strampler gekauft, danach kamen jedoch von ihr ausschließlich Mädchenkleidungsstücke. Von meiner Schwiegermutter kam danach ein geschlechtsneutrales Set und drei für Mädchen.

Da wir jedoch einige Babyklamotten von einem Jungen "geerbt" hatten und zuvor selbst einige, wie wir fanden, geschlechtsneutrale Kleidungsstücke gekauft hatten, konnten wir in der Folge das ganze Spektrum abbilden: eindeutig Mädchen, eindeutig Junge und geschlechtsneutral. Ich habe dabei festgestellt, dass unser Kind, auch wenn es meiner Meinung nach geschlechtsneutral gekleidet war, meistens als Junge wahrgenommen wurde. Die Menschen suchen das Baby recht eilig nach eindeutigen Anzeichen für das Geschlecht ab und anscheinend wird dabei ein großes Farbspektrum als männlich wahrgenommen: nämlich außer den rosa- lila -rot-Tönen alle anderen Farben. Ein dunkelblauer Strampler kombiniert mit einer rosafarbenen Mütze brachte die Menschen wirklich in Schwierigkeiten und führte häufig dazu, dass sie das Geschlecht nachfragten. War eine schnelle Entscheidung von Nöten, dann galt der dunkelblaue Strampler in mehreren Fällen mehr, als die rosafarbene Mütze. Für eine wahre Anektdote sorgte dabei mein Hals-Nasen-Ohren-Arzt, der über mein Baby fortwährend als "er" sprach, obwohl sie ein rosa-lila-farbenes Kleidchen trug. Ich zuckte mit keiner Wimper und nach einiger Zeit fragte er nach, welches Geschlecht das Kind habe. Ich antwortete wahrheitsgemäß und danach fiel ihm auch die weibliche Kleidung auf. Er musste sich jedoch im weiteren Sprechen sichtlich darauf konzentriere über das Kind als "sie" zu sprechen.

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